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„All organizations are inherently criminogenic“. Wenngleich diese Aussage durchaus übertrieben klingen mag, zeigen neuere Untersuchungen, dass über die Hälfte der Manager in Deutschland bereits mit unethischem Verhalten in Unternehmen konfrontiert wurden. Aktuelle Skandale in der Automobil- (sog. „Abgasskandal“) oder der Finanzindustrie (zuletzt sog. „Cum ex-“ und „Cum-Cum-Geschäfte“) scheinen darüber hinaus zu belegen, dass auch Organisationen mit einem etablierten Compliance-Management, immer wieder nur die Reaktion auf delinquente Handlungen bleibt. Die Prävention wirtschaftskrimineller und unmoralischer Verhaltensweisen hingegen scheitert regelmäßig, trotz zum Teil umfangreich ausgestalteter Compliance-Management-Systeme (CMS).
Im Februar dieses Jahres ist dem Bundesministerium der Justiz der deutsche Corporate Governance-Kodex (DCGK) übergeben worden. Er ist in der Zwischenzeit amtlich bekannt gemacht und mit einer gesetzlichen „Comply-or-Explain“-Regelung versehen. Damit sind nicht nur neue Anforderungen, sondern auch weitere Anglizismen in den deutschen Unternehmensalltag eingezogen. Wie nicht selten vorher, erscheinen diese gerade deswegen als nützlich, weil nicht ganz klar ist, was genau damit gemeint ist. Der DCGK ist freilich kein isoliertes Phänomen. Vielmehr hat eine ganze Reihe von OECD-Ländern ähnliche Bemühungen um „gute Regeln“ für die Wirtschaft politisch angeschobenoder abgeschlossen. So auch in der Schweiz, in der seit dem 1. Juli 2002 der „Swiss Code of Best Practice for Corporate Governance“ in Kraft ist. Die Bezeichnung “Corporate Governance” tauchte erst vor etwa zwei Jahrzehnten in der englischsprachigen Diskussion auf. Es waren vor allem Probleme im Zusammenhang mit Firmenübernahmen und in den Beziehungen zwischen Management und institutionellen Investoren, die dem Begriff rasch zu einer internationalen Karriere verholfen haben. Das ändert allerdings nichts an dem Umstand, dass „Corporate Governance“ bis heute ein unscharfer, wenn nicht gar ein schillernder Begriff ist. Genau genommen trifft dies allerdings nur auf den Begriffsteil „Governance“ zu. Damit ist grundlegend sowohl die Art und Weise als auch die Tätigkeit der Leitung und Kontrolle einer Organisation bezeichnet. Abgeleitet von „to govern/government“ bezieht sie sich ursprünglich auf das politische Herrschafts- und Steuerungsregime des Staates. Was wir daher in der letzten Zeit erleben, ist die Einwanderung eines ursprünglich politischen Begriffs in private Steu-erungsregimes. Denn heute lässt er sich sowohl auf Unternehmen als auch auf individuelle Personen (Self-Governance) anwenden. Als allgemeinste Definition von „Corporate Governance“ bietet sich daher an, darunter die Steuerungsstruktur zur Abwicklung wirtschaftlicher Transaktionen oder Austauschbeziehungen in, zwischen und mittels Unternehmen zu verstehen. Eine solche Steuerungsmatrix setzt sich zusammen aus Regeln und organisatorischen Einrichtungen zur Führung und Kontrolle eines Unternehmens. Die Regeln können dabei sowohl formaler als informaler Natur sein. Gesetzliche Rahmenbedingungen und unternehmensspezifische Anweisungen, Leitlinien und Verfahren gehören in die erste, Unternehmenskultur und Unternehmenswerte in die zweite Kategorie.
Dieses Working Paper ist das Ergebnis eines Forschungsprojekts unter Leitung von Prof. Dr. habil. Josef Wieland und Mitarbeit von Dipl.-Betriebswirt Michael Fürst, beide Konstanz Institut für WerteManagement – KIeM (HTWG Konstanz). Das Forschungsprojekt wurde im Zeitraum von Mai 2000 – Juni 2002 durchgeführt. Neben der intensiven Aufarbeitung der vorhandenen Literatur zu den Themen Risikomanagement und Unternehmensethik zielte das Projekt in erster Linie darauf, das Zusammenspiel zwischen Wertemanagementsystemen und Risikomanagementsystemen zu bearbeiten. Um die Wirkungsweise von Wertemanagementsystemen im Kontext einer präventiven Risikovermeidungsstrategie beurteilen zu können, wurde hierzu eine Studie bei Unternehmen der Bauindustrie durchgeführt. Für die Bereitschaft zur Beteiligung an dieser Befragung möchten sich die Autoren sehr herzlich bei den teilnehmenden Unternehmen bedanken. Gefördert wurde das Forschungsprojekt dankenswerterweise vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg im Rahmen des Schwerpunktprogramms „Innovative Projekte“.