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„All organizations are inherently criminogenic“. Wenngleich diese Aussage durchaus übertrieben klingen mag, zeigen neuere Untersuchungen, dass über die Hälfte der Manager in Deutschland bereits mit unethischem Verhalten in Unternehmen konfrontiert wurden. Aktuelle Skandale in der Automobil- (sog. „Abgasskandal“) oder der Finanzindustrie (zuletzt sog. „Cum ex-“ und „Cum-Cum-Geschäfte“) scheinen darüber hinaus zu belegen, dass auch Organisationen mit einem etablierten Compliance-Management, immer wieder nur die Reaktion auf delinquente Handlungen bleibt. Die Prävention wirtschaftskrimineller und unmoralischer Verhaltensweisen hingegen scheitert regelmäßig, trotz zum Teil umfangreich ausgestalteter Compliance-Management-Systeme (CMS).
Compliance Governance
(2020)
Für die Funktionsfähigkeit und Wirksamkeit eines Compliance-Management-Systems (CMS) – und damit verbunden, einer guten und verantwortungsvollen Corporate Governance – ist die Compliance Governance von fundamentaler Bedeutung. Damit sind passende Compliance-Strukturen und eine positive Compliance-Kultur gemeint, die in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit rücken. Im vorliegenden Beitrag wird dieser Themenkomplex aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet. Zunächst nimmt Stephan Grüninger eine Begriffsbestimmung zur „Compliance Governance“ vor (1.3.1), um darauf aufbauend die wesentlichen Erfolgsprinzipien wirksamer Compliance-Struktur und -Kultur aus betriebswirtschaftlicher und organisationstheoretischer Perspektive herauszuarbeiten (1.3.2). Der Kontrolle und Aufsicht im Rahmen einer guten „Compliance Governance“ kommt eine wichtige Funktion zu, so dass Roland Steinmeyer darauf aufbauend (1.3.3) aus rechtlicher Perspektive die Verantwortlichkeiten des Aufsichtsrats im Rahmen des Compliance- Managements (CM) beschreibt. Abschließend (1.3.4) gibt Christian Strenger Einblicke in die Praxis der Compliance-Aufsicht und benennt Anforderungen, die Aufsichtsräte bei der Ausübung ihrer Überwachungsfunktion zu erfüllen haben und Herausforderungen, denen sie dabei gegenüberstehen.
Compliance ist in aller Munde, nicht zuletzt dank des Abgasskandals in der Automobilindustrie. Zahlreiche weitere und häufig auch spektakuläre Unternehmensskandale der letzten Jahre (v. a. aufgrund von Kartellverstößen, Korruptions-, Betrugs- und Bilanzierungsdelikten) haben weltweit eine Welle der Regulierung und verschärfter Durchsetzung bereits vorhandener rechtlicher und regulatorischer Anforderungen ausgelöst. Unternehmen suchen daher verstärkt nach Wegen der Prävention rechtlich sanktionierbaren Fehlverhaltens im Unternehmensbereich, nicht zuletzt, um die Haftung für Unternehmen, Organe und Mitarbeiter zu vermeiden. Dabei ist wichtig zu erkennen, dass über das rechtliche Haftungsrisiko (Geldstrafen und Bußgelder, Verfall/Gewinnabschöpfungen, Gefängnisstrafen) hinaus insbesondere auch die Vermeidung des ökonomischen Haftungsfalles aufgrund von Non-Compliance gemeint ist. Diese ökonomische Haftung stellt sich als Reputationsschaden ein und kann sich konkret zeigen an z. B. fallenden Börsenkursen, dem Abbruch von Geschäftsbeziehungen oder dem Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen 5 sowie durch Probleme bei der Rekrutierung von Spitzenpersonal oder der Demission von Managern und Mitarbeitern. Hinzu kommen die Kosten für die Untersuchung von entdeckten Fällen von Non-Compliance (Kosten für externe Anwälte, Wirtschaftsprüfer etc.), die Kosten für die Beseitigung der Ursachen (z. B. Schließung von Lücken im Internen Kontrollsystem: sog. „Remediation“) und die durch die Absorption von Management- und Mitarbeiterkapazitäten aufgrund der Aufarbeitung eines Falles von Non-Compliance verursachten Kosten.
Viele Unternehmen befassen sich mit Compliance und Corporate Social Responsibility (CSR) getrennt voneinander. Dies mag zum einen der Historie der beiden Themen geschuldet sein, zum anderen aber auch der organisatorischen Verortung vonseiten insbesondere großer Unternehmen, die Compliance häufig der Rechtsabteilung und CSR der Kommunikationsabteilung zuordnen. Durch die isolierte Betrachtung der Themen bleiben aber nicht nur potenzielle Synergien ungenutzt, es werden auch unnötige Konflikte und Redundanzen erzeugt, die sich durch eine integrierte Herangehensweise vermeiden ließen. Bezogen auf die Umsetzung wird ein integriertes Vorgehen durch eine Reihe von Instrumenten begünstigt, die per se sowohl CSR- als auch compliancerelevante Themen ansprechen. Dass eine, aus theoretischer Sicht notwendige und sinnvolle Verknüpfung der beiden Themen auch in der Praxis künftig an Bedeutung gewinnen wird, lässt sich bereits heute an den letzten Überarbeitungen der fünf „großen“ internationalen CSR-Standards bzw. Rahmenwerken erkennen, die allesamt Themen ansprechen, die klassischerweise sowohl dem CSR- als auch dem Compliancemanagement zugeordnet werden können.